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1944 von einer Gemeinde in der Batschka

Der Sommer ging dem Ende entgegen. Noch war es warm und man hatte viel Arbeit, dafür war aber wenig Zeit zum Ausruhen und Nachdenken. Es war vielleicht gut so, man war sich deshalb weniger der Tatsache bewusst, dass nicht nur der Sommer dem Ende entgegenging. Offiziell wurde an allen Fronten noch immer „gesiegt“, aber die Wirklichkeit ließ sich einfach nicht verleugnen. Es waren weniger Männer im Dorf anzutreffen weil sie aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters von der Berufskleidung des Krieges verschont geblieben sind. Doch auch anders konnte man die ernste Lage erkennen. An Kleidung herrschte ein so großer Mangel, dass man sie nur auf dem Schwarzmarkt zu hohen Preisen erwerben konnte. Die letzten Hausschlachtungen waren gut, auch an Brot war kein Mangel. Aber Frischfleisch war kaum zu haben. Die Aussichten für die bevorstehenden Hausschlachtungen galten als schlecht, weil das Schutzimpfen der Schweine Mangels Serum untersagt worden war und immer wieder kam die Nachricht von verschiedenen Fronten, dieser oder jener Vater, Bruder, Sohn oder Freund sei gefallen! Die zurückgebliebenen Frauen verhielten sich außerordentlich tapfer. So manche musste für ihren Mann unter größten Opfern einstehen. Als dann die Nachricht kam, die Banater befänden sich bereits auf der Flucht, hatten sie die Gewissheit, dass die russische Armee in unmittelbarer Nähe war. Zu derselben Zeit kam eine serbische Frau die aus eigener Erfahrung die Schicksale einiger „Schwaben“ zu schildern versuchte. Zwar konnte sie sich nur durch Zeichen verständlich machen. Als sie aber dann begann, ihre Zeichensprache mit der so typisch balkanischen Art des Weinens und Wehklagens auf die furchtbarste Weise zu verdeutlichen, konnten sie ahnen, was ihnen bevorstand. Unter diesen Umständen wurde trotzdem noch weiter gearbeitet, bis zur kurz bevorstehenden letzten Stunde, um dann Abschied zu nehmen und den bitteren Weg der Flucht anzutreten, nachher gab es kein zurück mehr.
Die Daheimgebliebenen waren nach dem Einmarsch der Russen und der Machtübernahme der Partisanen unmenschlichen Verhältnissen wie Ermordung, Krankheiten und Hungertod ausgesetzt. Nach der Internierung von 1944 – 1948 und der dreijährigen Zwangsverpflichtung von 1948 – 1951 konnten Anträge zur Auswanderung nach Deutschland gestellt werden. Um sich in Jugoslawien freizukaufen, musste eine Gebühr von 12 000 Dinar pro Person bezahlt werden. Ab 1951 verließen die Donauschwaben ihr geliebtes Land, in dem sie fast 200 Jahre mit ihren nicht deutschen Nachbarn glücklich gelebt hatten. Sie verließen es in Scharen, um in das Land ihrer Vorfahren zurückzukehren. Also wieder ein Schwabenzug aber aus anderen Gründen, wie im 18. Jahrhundert und in entgegen gesetzter Richtung.
Die ersten Donauschwaben kamen schon am 8.August 1949 nach Gosheim. Es war die Familie Wieland. Ab 1951 setzte die Zuwanderung nach Gosheim so richtig ein und bis Januar 1985 sind 845 Personen zugezogen. Weggezogen sind 368 Personen und verstorben sind 250 Personen. Zurzeit leben noch 227 Personen in Gosheim, dazu kommen noch die hier geborenen Nachkommen.
Ein Peter Hermle, geb. am 28.März 1900 in Glogovatz, Rumänien/Banat, vermutlich ein Nachkomme einer aus Gosheim ausgewanderten Familie. Er kam am 01.03.1951 über Italien nach Gosheim. Am 13.01.1957 wanderte er nach Chicago aus.
Wir, die zu den Überlebenden gehören und in das Land unserer Ahnen gekommen sind, haben hier nach all der grausamen Vergangenheit, dem Elend und dem Leid, in Ruhe, Frieden und mit Fleiß eine neue Heimat gegründet. Doch gedenken wir all der Opfer in der alten Heimat, in Wehmut und mit Ehrfurcht. Es ist etwas Wunderbares um die Heimat hier und dort. Es ist nicht nur Haus und Hof, nicht nur der Tummelplatz der Jugend, Heimat ist unendlich mehr. Heimat ist Quell und Ort jener Kraft, die uns zu Großem beseelt, die uns in einer Welt der Selbstsucht zusammenbringt. Sie hat ihre Heimstadt in der Wärme des Herzens. Wer um seine Heimat schon weinen musste hat unendlich viel verloren.



Dazu sagt Philipp Sandles:
„Das Erbe, das einst Kolonistenahnen mit nach Südosten gebracht hatten, hat auch die Heimatberaubte, deutsche Entrechteten Generation ungeschmälert und unverfälscht wieder mit ins Mutterland zurückgebracht und hier zur Verfügung gestellt. Es heißt Glaube, Fleiß, Gemeinschaftssinn und Treue zum angestammten Volkstum. Deshalb wollten auch sie im Mutterlande und wo immer sie als Heimatberaubte in anderen Ländern eine neue Heimat gefunden haben, niemals Almosenempfänger sein, sondern haben sich dort überall Werte schaffend eingebürgert.“

So hat man den Neuanfang gewagt. Obwohl die Donauschwaben zum größten Teil Landwirte waren und eine Umstellung zum Maschinenbediener nicht scheuten, war das Maschinenbedienen und Drehteileherstellen völliger Neuland für sie, bei dem es aber nicht blieb. Jeder versuchte sich weiterzubilden, um selbstständiger zu werden und so auch einen höheren Lohn zu erhalten. Die Strebsamkeit zu einem eigenen Haus zu kommen war der Grund. 1955 war es soweit die Egarten-Nebenerwerbssiedlung zu Wohnhäusern zu bauen. Die Donauschwaben scheuten sich nicht Schulden auf sich zu nehmen, um sich beim Bau von Wohnhäusern zu beteiligen. Durch Eigenleistung wurde die gegenseitige Mithilfe ermöglicht und somit die Baukosten zum Teil reduziert. Das größte Bauvorhaben 1958 war die Wohnsiedlung der Donauschwäbischen Siedlergemeinschaft, ebenfalls im „Egarten“. 1964 wurde mit dem Bau der Ackermannsiedlung durch die Ackermanngemeinde Wohnungsbaugesellschaft Stuttgart begonnen. Auch hier haben zahlreiche Donauschwaben mit gebaut.
Dank des guten Einvernehmens mit der einheimischen Bevölkerung ist die Integration gut verlaufen, dass heute kein Unterschied mehr zwischen Alt- und Neubürger besteht. Wir sind als Donauschwaben auch alte Gosheimer geworden und so soll es auch bleiben. Doch unser Brauchtum der alten Heimat wird weiter gepflegt.







(Bild 1): Die Donauschwaben einst Landarbeiter, jetzt Maschinenbediener (Automatendreher)



(Bild 2): Vater und Sohn auf dem Dach bei der kostensenkenden Eigenleistung



(Bild 3): Der Bau ist noch nicht fertig, doch der Garten wird bereits angelegt



(Bild 4): Der letzte Abschnitt der Talstraße steht noch im Rohbau, doch die Gärten waren zum Teil schon bepflanzt